Ich bin hin- und hergerissen: Du oder Sie?

Ich bin in Bayern auf dem Land groß geworden und da hat sich jede und jeder geduzt. Das „Sie“ habe ich erst in der Schule kennengelernt und natürlich auch angewandt. Mein Vater hat das „Du“ sehr selbstverständlich benutzt. Ich kann mich gut erinnern, wie ein Partner von mir verwundert war, als ihn mein Vater sofort geduzt hat. Für meinen Vater war hingegen klar, dass er geduzt werden will.

Ich bin in einer Duz-Kultur groß geworden und in gewisser Weise hat es den Umgang untereinander erleichtert.

Heute werde ich immer wieder von Führungskräften gefragt: Du oder Sie? Und dazu gibt es keine generelle Regel, die einem den richtigen Weg aufzeigt. Es hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Mehr Nähe – wollen wir das?

Grundsätzlich kann die Verwendung des „Du“ auf der Arbeit zu einer höheren Nähe zwischen den Kolleg*innen führen, was in einigen Arbeitsumgebungen erwünscht sein kann, insbesondere wenn es um Teamarbeit und Zusammenarbeit geht.

Jedoch sollte man auch bedenken, dass eine unangemessene Nähe zwischen den Kolleg*innen manchmal auch zu Problemen führen kann, insbesondere wenn es um Hierarchien geht. Es ist daher wichtig, die Unternehmenskultur und die Erwartungen der Kolleg*innen zu berücksichtigen, bevor man sich für eine Anrede entscheidet.

In den letzten Jahren hat sich die Arbeitskultur in vielen Unternehmen verändert und eine informellere Atmosphäre etabliert, die zu einer Verwendung des „Du“ auf der Arbeit geführt hat. Diese Veränderung ist zum Teil auf den Einfluss von jüngeren Generationen zurückzuführen, die in einer informelleren Umgebung aufgewachsen sind und sich daher wohler fühlen, wenn sie sich duzen. In Social Media wird ganz unkompliziert geduzt und der Einfluss der englischen Sprache spielt sicher auch eine Rolle.

Branche und Unternehmenskultur beachten

Allerdings hängt die Entscheidung, ob man sich auf der Arbeit duzt oder siezt, auch stark von der Branche und der Kultur des Unternehmens ab. In manchen Branchen und Unternehmen wird das „Sie“ noch immer bevorzugt, insbesondere wenn es um den Umgang mit Kund*innen oder Geschäftspartner*innen geht. Letztendlich sollte man sich an die übliche Praxis seines Unternehmens halten und auf die Bedürfnisse und Erwartungen seiner Kolleg*innen achten.

Ich selbst mag das „Du“ sehr und gleichzeitig verwende ich in meiner Arbeit in Unternehmen das formelle „Sie“, das empfinde ich in einer Kundenbeziehung  angemessen.

Ein neuer Kunde hat mich kürzlich gefragt, ob das Du für mich in Ordnung ist. In diesem Unternehmen wird eine Duz-Kultur gelebt. Und ich bin sehr gespannt, ob das Du im Seminar einen Unterschied macht.

Gewohnheiten können geändert werden 😊. So habe ich mich hier auf LinkedIn entschieden, meine Beiträge in Du-Form zu schreiben. D.h. für mich nicht, dass ich alle meine Kontakte im Austausch duzen werde. Das entscheide ich dann von Fall zu Fall, mal sehen wie mir das gelingen wird 😉.

Wie fühlst du dich wohler: Du oder Sie?