Aus dem Gedankenkarussell aussteigen

„Abschalten können“ – das ist der Wunsch vieler meiner Seminarteilnehmer. Sie hätten am liebsten einen Knopf, den sie drücken können und dann ist Ruhe im Kopf.

Nach der Arbeit zuhause angekommen bemerken viele Menschen, dass der Kopf weiter arbeitet – sogar in den Nachtstunden. Ein Thema wird wieder und wieder durchgekaut. Die Lösung ist weit entfernt. Im Volksmund wird dieser Prozess Grübeln genannt und der psychologische Name dafür ist Rumination (vom Lateinischen ruminare = wiederkäuen).

Frau Anna B., (52 Jahre jung) wacht um 3:00 Uhr morgens auf und schon kreisen ihre Gedanken um die Arbeit: „Was könnte sie ihrem Chef antworten, wenn er sie wieder mal mit einer Zusatzaufgabe beglückt? – Warum fragt er immer mich? Warum fragt er nicht meine Kollegin, die kann das doch auch? Ein Gedanke zerrt den nächsten hervor, der genau wieder zum Thema passt. Frau Anna B. findet keinen Ausstieg. Sie ist genervt und ärgert sich auch noch. Die Folge ist, an Schlaf ist nicht mehr zu denken.

Diese fortwährende gedankliche Auseinandersetzung mit dem Chef und seinem gefühlt ungerechten Verhalten führt in eine gewisse Handlungsblockierung. Frau Anna B. denkt bevorzugt in schlaflosen Stunden über den Chef nach, kommt jedoch nicht auf die Idee, mit ihm zu sprechen oder mal Nein zu sagen. Sie kommt nicht ins Handeln.

In Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass vermehrtes Grübeln – egal ob tagsüber oder in der Nacht – mit einer vermehrten Ausschüttung des Stresshormons Kortisol verbunden ist. Kein Wunder, dass grübelnde Menschen in der Nacht nicht mehr einschlafen können. Mit diesem Gedankenkarussel machen sie sich erst richtig wach.

Wie kommt nun Ruhe in den Kopf? 

Den Ausschaltknopf habe ich leider noch nicht gefunden. Ich weiß jedoch, dass Abschalten zu lernen ist. 

Sie sollten wissen, kreisende Gedanken sind ein komplexer Denkprozess. Und obwohl er oftmals unkontrollierbar erscheint, stimmt das nicht. Es gibt hilfreiche Strategien:

  • Sich bewusst ablenken, z.B. schöne Musik hören, etwas Interessantes lesen, einen spannenden Film ansehen, kochen, etc.
  • Körperliche Aktivität – Bewegung bringt biochemische Prozesse in Gang und die Stimmung wird besser. Beispiele: spazieren gehen, Sport machen, Gartenarbeit, tanzen, etc.
  • Die Aufmerksamkeit auf gegenwärtige Sinneseindrücke lenken: Was riechen Sie im Moment – was hören Sie – was sehen Sie – wie fühlt sich Ihre Haut an – wie geht Ihr Atem gerade? Die Übung Body Scan – sich spüren, erleichtert das Wiedereinschlafen. Hier finden Sie ein paar Übungen: https://brigittehettenkofer.de/achtsamkeits-uebungen/
  • Gedanken beobachten – dem Gehirn zuzuschauen, welcher nächster Gedanke erscheint. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem Theater und auf der Bühne tauchen Ihre Gedanken auf. Aus dem Zuschauerraum beobachten Sie, was sich auf der Bühen ereignet. Wichtig ist, sich nicht auf die Gedanken-Bühne zerren zu lassen und wenn es passiert und Sie bemerken es, dann setzen Sie sich wieder auf Ihren Sessel.
Damit eine Strategie funktioniert, braucht es bestimmte Bedingungen:
  1. Sie müssen bemerken, dass Sie gerade wieder im Gedankenkarussel sind.
  2. Sie entscheiden sich, das Grübeln zu unterbrechen oder beenden wollen.
  3. Sie wählen eine der o.a. Strategien.
  4. Diese wenden Sie so lange an, bis sie wirkt.

 

Mir ist es ein Anliegen, Ihnen etwas an die Hand zu geben, wie Sie Ruhe in den Kopf bekommen. Meine Lieblingsstrategie ist: Gedanken beobachten und durch konsequentes Üben hilft mir das in den meisten Fällen, wenn es im Kopf heiß hergeht.

Und jetzt heißt es üben – üben und nochmals üben.